Renko-Charts – auf diese Ziegel können Sie bauen!

Renko

Auch diese Chartart fristet – ähnlich den Kagi-Charts – eher ein Schatten dasein, wenn es darum geht, Kursverläufe grafisch darzustellen. Welchen Vorteil sie dem Betrachter dennoch bringt, soll der folgende Artikel verdeutlichen.


Dieser Artikel entstand in einer Reihe rund um die Entdeckung japanischer Chartmuster: Lesen Sie mehr zu den besonderen japanischen Chartmustern:

Linie


Ursprung und Bedeutung der Renko Charts

Renko-Charts werden schon seit mehr als einhundert Jahren in Japan verwendet. Wie sie genau entstanden sind, ist nicht bekannt. Ein Renko-Chart besteht aus vielen Kursblöcken. Diese Blöcke werden mit dem japanischen Wort „Renga“ für Baustein oder auch Ziegel (englisch „brick“) bezeichnet. Es wird vermutet, dass die Bezeichnung „Renko“ von dem japanischen „Renga“ herrührt.

Die Konstruktion der Renko-Charts

Renko-Charts werden nach ganz bestimmten Prinzipien erstellt. Sie bestehen aus einer Aneinanderreihung schwarzer und weißer Kursblöcke, die alle auf denselben Wert eingestellt werden (sogenannte „Brick-Size“). Wie auch bei den Kerzencharts steht die Farbe Weiß für Perioden mit steigenden Kursen und Schwarz umgekehrt für fallende Kurse.

Renko-Charts berücksichtigen in ihrer Darstellung nur die Kursbewegung an sich. Die Faktoren Zeit und Volumen fallen bei dieser Chartart wie auch bei Kagi- und Point&Figure-Charts (P&F-Charts) unter den Tisch. Ein Renko-Chart ist so konstruiert, dass jeder neue Ziegel, der hinzu gezeichnet wird, etwas „versetzt“ platziert wird und somit eine eigene Spalte hat. Ein Übereinanderstapeln von Blöcken – ähnlich den „X“- und den „O“-Säulen bei P&F-Charts – gibt es in der Renko-Darstellung nicht.

Eine Gemeinsamkeit der Chartarten ist jedoch, dass auch im Renko-Chart nur dann etwas passiert und eine Änderung eintritt, wenn sich ein bestimmter Kursanstieg oder Kursrückgang ergeben hat. So kommt ein neues weißes Kästchen hinzu, sobald das Hoch des letzten Bausteins auf Schlusskursbasis um den vordefi nierten Wert überschritten wird. Ein schwarzer Ziegel wird gezeichnet, sobald das entsprechende Tief des letzten Ziegels ebenso auf Schlusskursbasis um die „Brick-Size“ unterschritten wird.

Diese Methodik erzielt grundsätzlich den Effekt, dass das sogenannte „Kursrauschen“, also das Verweilen von Kursen in bestimmten engen Spannen über gewisse Zeiträume, im Chartbild unterdrückt wird. Somit wird das Auge des Betrachters automatisch auf das Wesentliche gelenkt – auf vorhandene Trends und ihre Richtung.

Das folgende Beispiel soll die Konstruktion und die Wirkungsweise eines Renko-Charts im Vergleich zu einem Kerzenchart verdeutlichen. Der eingangs erwähnte Betrag für die Ziegelgröße wird in diesem Beispiel für die Allianz-Aktie mit fünf Euro festgelegt. Das bedeutet, dass jeder der Kursblöcke im abgebildeten Renko-Chart eine Preisspanne von fünf Euro aufweist. Der Vorteil dieser Methode, einen festen Betrag zu wählen, ist, dass sie einfach nachzuvollziehen ist und sich außerdem leicht ausrechnen lässt, ab welchem Kurs ein neuer Ziegel erscheinen wird.

Bild 1: Unterschied Renko- und Kerzenchart

Bild 1 Unterschied Renko- und Kerzenchart

Bild 1 zeigt ein zweigeteiltes Chartbild der Allianz-Aktie über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren. Hierbei wird ein Candlestick-Chart der Aktie (oben) mit einem Renko-Chart (Brick-Größe fünf Euro) verglichen. Durch die Ziffern lassen sich die entsprechenden Punkte in den beiden Charts gut miteinander vergleichen.

Ihr Nachteil ist, dass bei Basiswerten mit optisch hohen Kursen die festen Beträge entsprechend angepasst werden müssen. Als Faustregel empfiehlt es sich, dabei einen Wert zu nehmen, der etwa einem Zwanzigstel des Höchstkurses im ausgewählten Zeitabschnitt entspricht.

Im Beispielchart hatte die Allianz-Aktie Anfang April 2010 einen Höchstkurs von 96 Euro (Punkt 5), sodass die gewählte „Brick Size“ von fünf Euro in etwa dieser Faustregel entspricht. Dass die beiden Chartarten nicht deckungsgleich übereinander gelegt werden können, ergibt sich als logische Konsequenz aus der Tatsache, dass bei Renko-Charts Seitwärtsbewegungen in engen Kursspannen wegfallen und somit das Renko-Chartbild gegenüber dem Kerzenchart „verkürzt“ erscheint. Die einzelnen Ziffern sollen Ihnen jedoch eine Vorstellung davon geben, wo die nummerierten Chartpunkte des Kerzencharts im Renko-Chart wiederzufinden sind.


Scalping auf Basis der Marktbewegung über Renko und Range Bars. In diesem Video zeigt Wim Lievens, seit 20 Jahren aktiver Trader, wie es geht.

Bis Anfang Januar 2009 (Punkt 1) ließ der starke Kursanstieg der Allianz-Aktie durch die Jahresend-Rallye 2008 eine Reihe von vier weißen Ziegeln in Folge entstehen. Der Kurs stieg im Kerzenchart bis auf 77,45 Euro (Schlusskursbasis) an. Der vierte und letzte Ziegel in dieser Reihe hatte eine Kursspanne von 70 Euro im unteren und 75 Euro im oberen Bereich. Die „überschießenden“ 2,45 Euro finden im Renko-Chart keine Berücksichtigung.

Ein neuer, fünfter Ziegel wäre erst dann im Chart einzuzeichnen gewesen, wenn der Kurs bei 80 Euro oder höher geschlossen hätte. Der Markt muss also immer um die zuvor festgelegte Mindestspanne (in diesem Fall fünf Euro) über dem Hoch des letzten Ziegels schließen, um einen weiteren (weißen) Ziegel eintragen zu können. Zurück zum Chart. Anfang Januar 2009 setzte jedoch bei Kursen um 77 Euro eine Abwärtsbewegung in der Aktie ein, die in den folgenden beiden Monaten den Kurs bis auf ein Tief von 46,64 Euro (Punkt 2) herabführte. Ein schwarzer Stein wird dann eingezeichnet, wenn der Markt mit der erforderlichen Mindestspanne unter dem unteren Ende des letzten Ziegels (hier 70 Euro) schließt. Dann ist in der nächsten Spalte nach rechts ein schwarzer Block einzuzeichnen. Am 15. Januar schloss die Aktie bei 64,38 Euro. Damit war dieses Kriterium für einen schwarzen Stein erfüllt (70-5=65 Euro). Wenige Tage später, am 20. Januar, erreichte die Aktie mit 60 Euro den nächsten kritischen Punkt, sodass der zweite schwarze Ziegel einzutragen war (in Richtung Punkt 2).

Danach setzte eine temporäre Erholung ein. Die anschließende Abwärtsbewegung geschah ohne eine nennenswerte Gegenwehr der Bullen, sodass weitere schwarze Kacheln auftraten (Punkt 2). Ein rapider Kursanstieg ließ Allianz am 17. März auf 60,50 Euro schließen. Mit dieser ersten weißen Kachel begann eine richtige Rallye ohne nennenswerte Korrekturen, sodass noch drei weitere weiße „Bricks“ hinzugefügt werden mussten (Punkt 3).

Es dauerte nun zwei Monate, bis die sich anschließende Korrektur hin zu Punkt 4 ihr Ende fand. Da es im Rahmen dieser Korrektur zu Schlusskursen unter 65 Euro kam, musste ein schwarzer Ziegel gezeichnet werden (Punkt 4). Der nun folgende Anstieg zog sich über ganze neun Monate hin und wurde dabei durch eine mehrmonatige Seitwärtsbewegung der Aktie zwischen 80 und 90 Euro unterbrochen. In der ganzen Zeit blieben die Renko-Ziegel weiß, sodass ein Anleger die Aktien weiter halten konnte (Punkt 5). Wie sich die letzten drei Kacheln im Chartbeispiel ergeben, müsste nach der bisherigen Beschreibung klar sein.

Bild 2 Renko-Charts und Charttechnik

Bild 2 Renko-Charts und Charttechnik

Bild 2 zeigt in einem Langfrist-Chart den Euro zum US-Dollar über rund 17 Jahre. Die Renko-Technik erlaubt dem Betrachter durch ihre symmetrische Chartdarstellung, charttechnische Elemente wie zum Beispiel Doppelböden schnell zu erkennen und Trendlinien und Trendkanäle exakt einzuzeichnen.

Handelstechniken mit Renko-Charts

Die Handelstechnik mit Renko-Charts gestaltet sich sehr simpel: Gekauft wird bei Erscheinen eines weißen „Bricks“ und verkauft wird, wenn ein schwarzer Ziegel erscheint. Damit ist die Methodik – wie auch bei anderen Chartarten – klar trendfolgend. Da die Umkehrpunkte für neue Ziegel von vornherein feststehen und sich berechnen lassen, kann ein Anleger diese Kursmarken auch als Stopp-Kurse für den Ausstieg oder (bei weißen Ziegeln) für den Einstieg in den Markt nutzen.

Renko-Charts und Charttechnik

Selbstverständlich lassen sich Renko-Charts auch charttechnisch analysieren. Durch die gleichgroßen Ziegel erhalten Renko-Charts ein hohes Maß an Symmetrie und Ausgeglichenheit und haben die Eigenschaft, Trendphasen sehr schön hervorzuheben. Daher eignen sich Renko-Charts auch am besten zur Trendbeobachtung.

Fazit

Renko-Charts komprimieren den Chartverlauf auf das Wesentliche, da Seitwärtsphasen aus dem Chart herausgefiltert werden. Übrig bleibt also für den Anwender der Blick auf den Trend und die Trendrichtung des Marktes. Da er kleinere Hochs und Tiefs im Chart herausfiltert, ist er eine exzellente Hilfe zur Festlegung von Widerstands- und Unterstützungszonen sowie von Trendlinien und Trendkanälen (Bild 2). Durch ihre einfache Handhabung liefern sie dem Anleger klare Kauf- und Verkaufssignale. Allerdings können sie in tendenzlosen Marktphasen auch Fehlsignale generieren. In der vierten Folge werden wir uns dann den Three-Line-Break-Charts widmen.

Noch mehr Renko-Artikel:

Linie

Autor:

Ralf Goerke

Ralf Goerke gehört in Deutschland zu den innovativen Technischen Analysten, der mit eigenen Ideen diese Disziplin bereichert, weiterentwickelt und seine Ergebnisse einem breiten Publikum zur Verfügung stellt.

Quelle: TRADERS' Mag.

Aktivitäten und kostenlose Kurse