Umkehrformationen I: Doppelboden und -top

Doppeltop

Um in einen Trend möglichst früh einsteigen zu können und die sich neu etablierende Richtung dann mitzunehmen, sollte man einige bekannte Umkehrformationen und deren Aussagekraft kennen. Ein bekanntes Muster ist der Doppelboden bzw. das Doppeltop, weshalb diese im Folgenden vorgestellt wird. Es gibt noch weitere Bezeichnungen, welche jedoch denselben Kursverlauf beschreiben. Dazu gehört Double-Bottom und W-Formation als Synonym für den Doppelboden und Double-Top und M-Formation für das Doppeltop.

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Sowohl der bullische Doppelboden, als auch das bärische Doppeltop, kann in einer kleinen Zeiteinheit (wie dem 30-Minuten-Chart) entdeckt werden, aber auch eine Trendumkehr in einer höheren Zeitebene ankündigen. Dann findet man die Formation z.B. im Tages- oder sogar Wochen-Chart. Voraussetzung für das Verständnis der Bedeutung der Formation ist die grundlegende Definition eines Trends.
Ein Aufwärtstrend zeichnet sich demnach durch eine Reihe steigender Hochs und Tiefs aus, während der Abwärtstrend aus dem Gegenteil besteht (fallende Hochs und Tiefs). Es gibt noch weitere Kriterien im Rahmen der Dow-Theorie, wie z.B. das Umsatzverhalten. Da es sich nun um eine Umkehrformation handelt, muss per Definition die Reihe steigender Hochs und Tiefs bzw. fallender Hochs und Tiefs mit dem Muster beendet werden.

Kursverlauf (Doppelboden)

Diese Umkehrformation ist in der Konstruktion ziemlich einfach und zeichnet sich durch das doppelte Testen einer Unterstützung aus, bevor die Trendrichtung geändert wird.
Bei dem Doppelboden schaffen es die Verkäufer nicht mehr für genug Abwärtsdruck zu sorgen, sodass das letzte Tief nur noch getestet, aber nicht nachhaltig unterboten wird. Schafft es die Gegenseite den Kurs über das vergangene Verlaufshoch zu befördern, dann gilt das Muster als bestätigt.
Gerade beim Ausbruch aus der Formation sollte der Umsatz ansteigen und gegebenenfalls ein Schlusskurs abgewartet werden. Der relevante Schlusskurs ist dabei zunächst in der Zeiteinheit zu sehen, in welcher die Formation auch gut identifiziert werden kann.

Bild 1: Doppelboden

Doppelboden

Bild 1: Ein Doppelboden hat sich ausgebildet mit großen Lunten an beiden Tiefs. Dies signalisiert zusätzlich die Kraft der Käufer und auf der Höhe der Kerzenkörper sieht man nun eine gute Unterstützungszone. Im blauen Kasten ist ein verfrühter „Ausbruch“ nach oben geschehen, welcher direkt wieder abverkauft wurde. Erst nach der Bildung des zweiten Tiefs erfolgte schlussendlich der Ausbruch per Schlusskurs (ETH/USD, H4, 21.08.2020 bis 29.08.2020).

Handelsmöglichkeiten (Doppelboden)

Das Mindestkursziel ergibt sich aus der Höhe der Formation, welche dann am Ausbruchspunkt nach oben projiziert wird. Allerdings gilt ein Doppelboden als Umkehrformation, weshalb eine nachhaltige Trendumkehr (und somit nicht nur das Erreichen des Mindestkursziels) durchaus möglich ist. Elementar ist hierfür die Betrachtung der höheren Zeiteinheit, um zu erkennen, ob nur eine Korrektur des Trends in der übergeordneten Zeitebene gestartet wird oder ob mit der Formation eine Korrekturphase beendet wird. Trifft letzteres zu und die übergeordnete Trendrichtung wird wieder aufgenommen, so kann versucht werden den Ausbruch aus dem Doppelboden zu handeln und im Anschluss die Bewegung der Trendfortsetzung in die höhere Zeitebene mitzunehmen. Dabei ergibt sich in der Regel ein lukratives Chance-Risiko-Verhältnis.

Bild 2: Handelsmöglichkeiten Doppelboden

Handelsmöglichkeiten Doppelboden

Bild 2: Hier wurde für die Bestimmung des Mindestkursziels eine konservative Variante angewandt, da die Höhe der Formation lediglich an den Kerzenkörpern gemessen wurde. Am prognostizierten Kursziel (blaues Rechteck) sind die ersten Gewinnmitnahmen zu sehen, allerdings setzte sich die Aufwärtsbewegung noch weiter fort (ETH/USD, H4, 17.08.2020 bis 02.09.2020).

Den Stop-Loss sollte man so platzieren, dass er ausgelöst wird, wenn das Setup nicht mehr aktiv ist. Viele setzen ihn daher unter das Tief des Bodens. In dem Fall würde er erst ausgelöst und die Position automatisch geschlossen werden, wenn ein neues Tief etabliert wird und sich der Abwärtstrend weiter fortsetzt.

Manche Trader verwenden nicht das absolute Tief, sondern beschränken sich nur auf die Kerzenkörper und setzen unter diesen ihren Stop-Loss. Dadurch erreichen sie ein deutlich attraktiveres Chance-Risiko-Verhältnis, aber gleichzeitig steigt auch die Gefahr ausgestoppt zu werden.

Handeln kann man den Doppelboden auf zwei verschiedene Weisen. Entweder man legt sich eine Buy-Stop-Order über das Hoch, welches zur Vollendung der Formation überboten werden muss, oder man wartet zunächst den nachhaltigen Ausbruch ab. Ist dieser geschehen, kann ein Buy-Limit in der Ausbruchsregion platziert werden. Häufig wird diese noch einmal angetestet und die Order wird ausgelöst. Dadurch schließt man die Gefahr eines Fehlausbruchs aus, welcher in dem Fall bedeuten würde, dass die Käufer doch nicht genug Kraft haben den Trend umzukehren. Die Folge könnte dann z.B. eine Seitwärtsbewegung oder gar die Fortsetzung des Abwärtstrends sein.

Betrachtet man nun das vollendete Muster, so wird eine alternative Bezeichnung verständlich: Die W-Formation.

Bild 2: Handelsmöglichkeiten Doppelboden

Handelsmöglichkeit 2

Bild 2: Hat man den Ausbruch nicht mit einem Buy-Stop gehandelt, so konnte man im Nachhinein mit einer Limit-Order gut in den Trade einsteigen. Die langen Lunten beim Antesten des Ausbruchsniveaus sind bullisch zu werten (ETH/USD, H4, 21.08.2020 bis 01.09.2020).

Doppeltop

Das Doppeltop ist das gegensätzliche Beispiel zum Doppelboden. In einem Aufwärtstrend schaffen es die Käufer nicht mehr ein neues Hoch zu etablieren, sodass der Kurs zwei Mal an demselben Niveau abprallt. Wird das letzte Verlaufstief nun herausgenommen, dann gilt das als Bestätigung der Trendumkehr. Auch das Umsatzverhalten und die Thematik eines Fehlausbruchs trifft hier zu.

Bild 4: Handelsmöglichkeiten Doppeltop

Doppelspitze

Bild 4: Bei diesem Doppeltope sind die absoluten Hochs nicht wirklich auf einem gleichen Niveau (kleine orange Rechtecke) , aber die Kerzenkörper beim ersten Hoch bilden einen Widerstand, der bei der Bildung des zweiten Hochs nicht nachhaltig (also nicht per Schlusskurs) überboten werden kann. Der Ausbruch erfolgte ohne einen nachträglichen Retest, sodass man mit einer Limit-Order wahrscheinlich keinen Einstieg bekommen hätte (XAG/USD, H4, 01.08.2020 bis 14.08.2020).

Für das Mindestkursziel wird die Höhe der Formation (nach dem erfolgreichen Ausbruch) nach unten projiziert, da es sich aber um eine Trendumkehr handelt, kann durchaus probiert werden, diese Bewegung weiter mitzunehmen. Sieht man das gesamte Muster, so wird der Ausdruck „M-Formation“ verständlich.

Bild 5: Handelsmöglichkeiten Doppeltop

Doppeltop

Bild 5: Hier sieht man eine weitere („deutlich mutigere!“) Variante der Kurszielbestimmung, welche vom höchsten Hoch bis zum tiefsten Tief der Formation reicht und somit die maximale Höhe der Formation angibt. Das Kursziel wurde auch hier abgeholt, aber der Markt drehte kurz darauf wieder. Eine konservativere Variante wäre wieder die Verwendung der Kerzenkörper zur Messung der Formationshöhe oder wenigstens des linken (deutlich tieferen) Hochs (XAG/USD, H4, 31.07.2020 bis 19.08.2020).

Es gibt zwei Möglichkeiten ein Doppeltop zu handeln. Entweder man platziert einen Sell-Stop unterhalb des Tiefs oder man handelt einen potenziellen Rebound an die Formation mit einem Sell-Limit. Die zweite Variante schützt einen wieder davor, dass man bei einem Fehlausbruch eine Position eröffnet. In beiden Fällen bietet sich ein Stop-Loss oberhalb des Hochs des Musters an (oder Beschränkung auf die Kerzenkörper, wie es beim Doppelboden erklärt wurde).

Varianten der Mindestkurszielbestimmung

Wie das Mindestkursziel genau bestimmt wird, wurde im Artikel bereits beschrieben. Allerdings kann man bei der Messung der Höhe der Formation (Doppelboden und Doppeltop) unterschiedlich vorgehen. Entweder man misst lediglich die Spanne der Kerzenkörper vom Hoch zum Tief oder man bezieht die Dochte und Lunten mit ein. Die erste Möglichkeit ist konservativer, aber kann je nach Situation auch nicht sinnvoll sein.
Besteht ein sehr großer Unterschied beim Kursziel durch die beiden Varianten, weil z.B. die Dochte/Lunten sehr lang sind, so kann ein Mittelweg durchaus angebracht sein. Es kann auch passieren, dass z.B. bei einem Doppelboden die Lunten bei dem einen Tief sehr viel länger sind als bei dem anderen (und somit die absoluten Tiefs voneinander abweichen), aber die Schlusskurse auf einem Niveau sind. Das kann Probleme bei der Kurszielbestimmung aufwerfen, wenn man sich auf die Lunten und Dochte fokussiert, aber es handelt sich trotzdem um eine handelbare Formation.
In den gezeigten Charts von Silber und Ethereum wird sowohl eine konservative Variante der Kurszielbestimmung, als auch die maximal mögliche Option gezeigt. Es ist allgemein empfehlenswert von der konservativen Variante auszugehen und dann gegebenenfalls zu versuchen mit einem nachgezogenem Stop-Loss den Trend weiter mitzunehmen.

Zusammenfassung

Der Doppelboden bzw. das Doppeltop ist eine sehr bekannte Umkehrformation und man hat zum Teil die Möglichkeit den neu entstehenden Trend mitzunehmen, statt nur das Mindestkursziel zu erreichen. Handeln kann man die Formation entweder mit einer Stop-Order oder beim - sich häufig anschließenden - Retest des Ausbruchsniveaus mit einem Limit. Gerade auf Fehlausbrüche sollte geachtet werden, bei denen eine Stop-Order aktiviert werden kann ohne dass man eine nachhaltige Bestätigung der Formation erhält.

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Umkehrformationen II: Doppelboden und -top

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Autor und Quelle:

Jan Fuhrmann

Jan Fuhrmann beschäftigt sich in seiner Freizeit ausgiebig mit der Technischen Analyse der Finanzmärkte. Interessierten hilft er gerne mit seinen täglichen Aktivitäten auf Instagram weiter, wo er gemeinsam mit einem Freund die Accounts @die.aktionaere und @die.trader führt. Das Hauptziel ist dabei die Förderung der Aktionärskultur in Deutschland.

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